Wartburgkreis Sünna

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Historische Belege:

  • 1321 Ober(n?)sunde
  • 1327 Obersunde
  • 1335 Obernsunde
  • 1354 Obern Sunde
  • 1362 Conr. von Süne
  • 1412 Sunde
  • 1427 Szune
  • 1517 (Kopie 16.Jh.) Henrichen von Sun … Heinrich von Sun
  • 1520 Sunen
  • 1531 Curdt von Syn

Der häufig auf Sünna bezogene Beleg vom Jahre 1001 Sinna gehört nicht hierher, sondern zu Burgsinn, Franken.

DerOrtsname geht auf den Flussnamen Sünna zurück, für den es allerdings keine alten Belege gibt. Die bisherigen Deutungen gehen aber davon aus, dass der Ort seinen Namen vom Fluss erhalten hat. H. Rosenkranz denkt an eine ursprüngliche Form *Sinahaund vergleicht ihn mit der Sinn, die in der Rhön entspringt und in den Main einmündet. Er erklärt den Namen wie folgt: „Dieser Flußname Sinaha gehört zum althochdeutschen Wort sin ‘immerwährend, beständig’ und bezeichnet demnach ursprünglich eine ständig ‘fließende Quelle’. Dieses alte Wort lebt heute noch weiter in dem Pflanzennamen Singrün ‘Immergrün’…“.

Diesen Vorschlag lehnt H. Voigt ab, er hält diese Deutung für „sehr unbefriedigend, weil der ursprüngliche ON nicht auf a auslautet, und weil das d in den ersten Erwähnungen, sunde nicht beachtet ist“. H. Voigt selbst schlägt aufgrund der Annahme, dass mit keltischer Besiedlung zu rechnen sei, einen Anschluss an kelt. sanisa- „Sense“ vor, da in der Ortsumgebung nachweislich Eisen abgebaut wurde. Er weist aber auch auf die Möglichkeit hin, einen Anschluss an mittelhochdeutsch sinde „Weg, einen Weg gehen“ (heute noch gebräuchlich in Gesinde – Leute, die mit einem auf einem Weg sind“) herzustellen.

Die neueste Deutung stammt von A. Greule. Er vermutet eine Grundform *Sinna oder *Sinnaha und erwägt fragend einen Zusammenhang mit dem Namen der Sinn. In diesem Namen sieht er eine vorgermanische oder keltische Vorform *Senjā und eine Ableitung von einem im Keltischen und Lateinischen vermuteten Wort *senia „Sumpf, Sumpfland, Torf, Röhricht“. Dieses Wort ist allerdings fast nur auf die Alpen und Pyrenäen bezeugt.

Mit dem Namen der Sinn, mit dem man den der Sünna, entstanden aus Sinna, durchaus verbinden kann, stößt man nun aber in einen ganz anderen Namenzusammenhang, wozu bedeutende Flüsse in Europa gehören. In aller Kürze nenne ich hier nur (vgl. Udolph, Stellung):

  • Shannon, größter Fluss Irlands, alt Sinone, Sininn
  • Shin, gälisch Abhain Sin, in Schottland
  • Sélune, Flussname in Frankreich, bereits bei Ptolemäus als Sinona erwähnt
  • Senne/Zenne, Flussname in Brabant, < *Sindh-nā
  • Senio, Nebenfluss des Reno bei Ravenna
  • Sinnerbach, Nebenfluss d. Blies im Saarland, um 1200 Sindern
  • Indus, Fluss an der Grenze zwischen Lykien und Karien, an dessen Oberlauf lag die Stadt Sinda < Sindhus
  • flumen Sinden, bei Tacitus genannter Flussname
  • Senderen, Ortsname in den Niederlanden, 10. Jh. Sindron
  • Sanna, Nebenfluss der Weichsel
  • San/Sjan, einer der größten Flüsse Polens (die ukrainische und polnische Form lassen sich am besten unter einer Vorform *Sindhnos vereinigen)

In der Deutung der Namen kann man einem Vorschlag von A. Greule folgen, der an eine Wortsippe anschließt, deren Grundlage Wurzeln wie *sei-/*soi- „tröpfeln, rinnen, feucht“ u.a.m. ist. Im Fall von Sinn, Sünna, Sindhus usw. ist hier ein -n- eingeschoben worden, eine alte Eigentümlichkeit der indogermanischen Sprachen. Die in letzter Zeit vorgebrachte Erklärung, man müsse für Sinn und weitere Gewässernamen von einer indogermanischen Wurzel *sent- „gehen“ ausgehen, woraus man dann „der/die Gehende“ ableiten könne, ist angesichts der weiten Streuung der Namen und dem Faktum, dass alte Gewässernamen im Wesentlichen auf alten Wörtern für „Wasser, Fließen, Fluss“ usw. abgeleitet sind, nicht überzeugend.

Der Flussname Sünna gehört somit in eine vorgermanische und vorkeltische Zeit; sein Alter kann nur geschätzt werden, aber mit einer Entstehung vor mehr als 2.000 Jahren muss man rechnen.

Literatur-Angaben:

Literatur-Angaben:
A. Greule
Deutsches Gewässernamenbuch, Berlin/Boston 2014, S. 522.

A. Greule
Vor- und frühgermanische Flußnamen am Ober¬rhein, Heidelberg 1973, S. 156.

H. Rosenkranz
in: Thür. Landeszeitung vom 19.9. 1989.

R. Sperber
Die Nebenflüsse von Werra und Fulda bis zum Zusammenfluß (= Hydronymia Germaniae A 5), Wiesbaden 1966, S. 105.

J. Udolph
Die Stellung der Gewässernamen Polens innerhalb der alteuropäischen Hydronymie, Heidelberg 1990, S. 264.

H. Voigt
Die Kirche zu Sünna, Vacha 1994.

Literatur-Angaben:

Über dieses Thema berichtet MDR THÜRINGEN auch im Programm:
Servicestunde | MDR THÜRINGEN – Das Radio | 11.05.2017 | ab 11:00 Uhr

Termine und Vorträge

Am Freitag, dem 3. Mai 2024, um 18:00 Uhr ist Prof. Udolph in Kösnitz, Bad Sulza zu Gast und hält einen Vortrag zu Familiennamen.

Der Vortrag findet statt im Gemeindehaus Kösnitz.

Am Sonntag, dem 5.5.2024, referiert Prof. Udolph um 12 Uhr in Göttingen.

Namen sind Schall und Rauch – stimmt das?

Ort: noch unbekannt

Näheres demnächst hier:

https://www.uni-goettingen.de/de/613438.html

Radio-Sendungen

Antenne Brandenburg
Montag bis Samstag,
zwischen 10 und 11 Uhr

MDR 1 Radio Thüringen
Ihren Namen bitte! – Namenforscher Udolph erklärt ihn

Sendung jeweils von 11.00–12.00 Uhr.

  • Donnerstag, 2. Mai
  • Mittwoch, 8. Mai
  • Donnerstag, 16. Mai
  • Donnerstag, 23. Mai
  • Donnerstag, 30. Mai
  •  

MDR 1 Radio Sachsen
Namenkunde: Familiennamen und ihre Bedeutung
jeden Montag, 15.00–16.00 Uhr

SWR 1 Rheinland-Pfalz
Namenforscher | Was bedeutet mein Name?
Montag bis Freitag,
zwischen 9.00 Uhr und 12.00 Uhr

TV-Sendungen

RBB

Prof. Udolph ist am 2. Oktober 2023 in der Sendung schön + gut ab 18:30 Uhr zu sehen.

MDR

Professor Udolph ist am 23. Mai 2024 wieder im MDR Fernsehen bei MDR um Vier zu sehen.

Schritt 1 von 3

Geben Sie bitte Informationen für die wissenschaftliche Untersuchung an

Dr. Kristin Loga

  • 2003–2008 Studium der Germanistik, Afrikanistik und Onomastik an der Universität Leipzig
  • Abschlussarbeit: Die Ortsnamen des Landkreises Sangerhausen, Magisterarbeit, masch., Leipzig 2007.
  • 2012–2019 Dissertation über die Ortsnamen in den ehem. Landkreisen Quedlinburg und Sangerhausen, Sachsen-Anhalt
  • 12.11.2020 erfolgreiche Verteidigung der Dissertation an der Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg

Veröffentlichungen (Auswahl):

  • „Über Namen gibt’s immer was zu sagen.“ Festschrift für Jürgen Udolph zum 80. Geburtstag, hg. zus. mit Joachim Andraschke, Bamberg und Schwanewede 2023. (zu bestellen direkt bei uns im Namenzentrum)
  • „Ortsnamen im Ostharz: Eine onomastische Untersuchung der Namen rezenter und wüst gefallener Siedlungen der ehemaligen Landkreise Sangerhausen und Quedlinburg“, Dissertation Halle 2020, kostenfrei zugänglich unter https://opendata.uni-halle.de/handle/1981185920/92661
  • Der Ortsname Questenberg. In: Das Questenfest. Forschung und Festkultur. Tagungsband der Tagung von 11.–13. Oktober 2019 in Questenberg und Roßla. Schriftenreihe des Biosphärenreservats Karstlandschaft Südharz 2020, S. 156–164.
  • (Zus. mit Christian Zschieschang) Namenkunde in und über Sachsen-Anhalt: Stand, Neues und Fehlendes. In: Sachsen und Anhalt. Jahrbuch der Historischen Kommission für Sachsen-Anhalt 31 (2019), S. 231–246.
  • Die Mischnamen des Hersfelder Zehntgebietes. In: Mehrsprachige Sprachlandschaften? Das Problem der slavisch-deutschen Mischtoponyme. Akten der Kieler Tagung 16.–18. Oktober 2014. Hrsg. v. Kathrin Marterior und Norbert Nübler (Onomastica Lipsiensia. Leipziger Untersuchungen zur Namenforschung 11). Leipzig 2016, S. 131–156.
  • Viertel- und Straßennamen der Stadt Bremen. In: Die Stadt und ihre Namen. 2. Teilband. Hg. v. Dieter Kremer und Dietlind Kremer (Onomastica Lipsiensia. Leipziger Untersuchungen zur Namenforschung 9). Leipzig 2013, S. 195–214.
  • Kurzer Überblick über die Siedlungsnamen im Kreis Sangerhausen. In: Namenkundliche Informationen 98 (2010), S. 121–133

Äußere Familiennamengeschichte

Menschen (Textproduzenten, Textrezipienten, Familiennamenbenutzer) kommunizieren mittels Texten, die Familiennamen enthalten, über sich selbst und über andere Menschen. Will man eine über die Geschichte der Wortlaute der Familiennamen hinausgehende, die Semantik (Bedeutung) berücksichtigende Familiennamengeschichte betreiben, muss man sich der Geschichte der Personen, über die Informationen in den Gehirnen der Familiennamenbenutzer abgespeichert sind, widmen. Da sich die Bedeutungen der Familiennamen wie die der anderen Wörter in den Gehirnen der Familiennamenbenutzer befinden, ist die Familiennamensemantik generell zu rekonstruieren. Im Falle rezenter Familiennamengeschichte kommen als Gewährspersonen dienende Familiennamenbenutzer in Betracht, die bestenfalls annähernd genaue Angaben für die Rekonstruktion der Semantik zur betreffenden Zeit machen können. Zur Ermittlung relevanter Merkmale der Denotation (wer mit dem Namen gemeint ist) und der Konnotationen (über welche Eigenschaften derjenige verfügt) sind Fragen über die familiennamentlich benannte(n) Person(en) zu stellen, während hinsichtlich der Konnotationen darüber hinaus auch Auskünfte über den (die) Familiennamen eingeholt werden können. Stehen wie bei weiter zurückliegender Familiennamengeschichte keine Gewährspersonen zur Verfügung, dann müssen die Personengeschichte (Prosopographie) beziehungsweise die Familiengeschichte (Genealogie) herangezogen werden.

Um eine den jeweiligen vorliegenden Umständen angemessene Deutung der Familiennamen vornehmen zu können, sind die Personen beziehungsweise Familien in die relevante Orts- und Regionalgeschichte sowie in die größeren historischen, ökonomischen, politischen und kulturellen Gegebenheiten einzuordnen. Diese enge, unverzichtbare Verbindung von Wortstudium beziehungsweise Wortgeschichte (innere Familiennamengeschichte) und Sachstudium beziehungsweise Sachgeschichte (äußere Familiennamengeschichte) liegt dem bewährten Forschungsprinzip „Wörter und Sachen“ zugrunde, welches sich aus der Bezeichnungsfunktion der Sprache ergibt. Auf Familiennamen angewandt, kann man vom Forschungsprinzip „Familiennamen und Familienmitglieder“ sprechen. Die Beschäftigung mit der äußeren Geschichte der Familiennamen, die auch die Untersuchung der Verbreitung der mit gleichlautenden Familiennamen benannten Personen zu unterschiedlichen Zeiten beinhaltet (historische Familiennamengeographie), sich also neben Personen- beziehungsweise Familiengeschichte auch auf diese Weise um das Auffinden der „Heimat“ der Familiennamen bemüht, die Familiennamen somit „in ihre Landschaft“ (Namenlandschaft, Mundart) hineinstellt, liefert die Hintergründe und Belege für die innere Geschichte der Familiennamen. Um eine möglichst übersichtliche Anordnung der Verbreitungsdaten zu bekommen, fertigen wir Karten an. Entsprechend den gerade interessierenden Aspekten der inneren Familiennamengeschichte sind hinreichend umfängliche und aussagekräftige Belege als Materialbasis zusammenzutragen und quellenkritisch aufzubereiten. Zur Belegsammlung, das heißt zur Ermittlung von Fundstellen der untersuchten Familiennamen in historischen Dokumenten, durchforsten wir Quelleneditionen in Bibliotheken. Oftmals reicht die Qualität der Editionen für unsere Zwecke nicht aus und außerdem sind die meisten familiennamenkundlich relevanten Quellen bisher nicht ediert, so dass wir regelmäßig ins Archiv gehen, um die Belege direkt aus den Dokumenten zu exzerpieren. Der Umgang mit historischen Quellen erfordert nicht nur Kenntnisse der Paläographie, sondern auch des Lateinischen, historischer Sprachstufen des Deutschen und anderer Sprachen. Man kann die Wichtigkeit der Belege für die Familiennamenkunde kaum übertreiben, insbesondere dann nicht, wenn man die Nachvollziehbarkeit jeglicher Schlussfolgerungen als Kriterium von Wissenschaftlichkeit anerkennt. Wissenschaftliche Familiennamenkunde ist ohne Belege nicht möglich.

Gelegentlich werden von den Verfassern familiennamenkundlicher Publikationen, vor allem solcher von Familiennamenbüchern, diverse Gründe vorgebracht, warum keine Belege angeführt werden. Die gängigsten Gründe sind:

  • Der für die Belegapparate erforderliche Raum steht nicht im Verhältnis zu deren Nutzen
  • Familiennamenkunde ist keine Personen- oder Familiengeschichte

Verfasser, die Derartiges behaupten, dürften meistens wohl eher verbergen wollen oder sogar eingestehen, dass sie keine äußere Familiennamengeschichte betrieben beziehungsweise keine die Ergebnisse äußerer Familiennamengeschichte präsentierenden Vorarbeiten herangezogen haben.