Thüringische Landeshauptstadt Erfurt

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Historische Belege:

Zur Bedeutung des Ortsnamens:

Aus der reichen Überlieferung für diesen Ort hat Prof. Jürgen Udolph nur einige Belege aufgenommen, vornehmlich die älteren. Zahlreiche alte Belege – bis zum Jahr 1200 – bietet E. Förstemann, Altdeutsches Namenbuch, Bd. 2: Orts- und sonstige geographische Namen, l. Hälfte, Bonn 1913, Sp. 203.

  • 742: in loco qui nominatur Erphesfurt (Erpesfurd), qui fuit iam olim urbs paganorum rusticorum (= am Erfurt genannten Ort, einer schon seit langem bestehenden heidnischen Landesburg (E. Eichler/H. Walther, Städtenamenbuch S. 91)
  • 802: (Kopie 12. Jh.) actum ad Erfesfurt (UB RA Hersfeld Nr. 21 S. 38)
  • 805: Erpesfurt (MGH LL Cap. I Nr. 44)
  • 9./10. Jh.: Erphesfurt, Erphesfurd. Erpesfurt (mehrfach)
  • 936-1147: Erpesfort, -ford
  • 1083, 1110, 1124: Erp(e)sfurt

Aus der Sammlung von E. Förstemann bis 1200 in ungefährer chronologischer Reihenfolge:

  • Erpisford
  • Erpesfurt
  • Erpesfordi
  • Erpesford
  • Erpesfort
  • Erpesvort
  • Erfasfurt
  • Erfesfurt
  • Erfesfurd
  • Erfesfurt
  • Erphesfurth
  • Erphesfurt (oft)
  • Erphesfort
  • Erphesfurdt
  • Herpfesfurt
  • Erbesfurt
  • Erfordia
  • Erfurt
  • Erpfesfurt
  • Letztlich mit allmählich Übergang zur heutigen Form Erfurt.

Der Ortsname ist vielfach behandelt worden. Letztlich hat sich die folgende Meinung durchgesetzt:

Da der Name das Wort Furt enthält, muss gefragt werden, was sich hinter dem ersten Teil des Namens, der zunächst Erpes- (niederdeutsch) oder Erphes-/Erfes- (hochdeutsch) lautete, verbirgt. Im Vergleich mit weiteren Orts- und Gewässernamen, so etwa Erfa, heute Friedrichswerth bei Gotha, 1154 Erpha, ferner Erpe und Erps in den Niederlanden und Erf(a), ein Nebenfluss des Mains bei Miltenberg, 1243 Erphe, sieht man heute in Erpesa/Erfesa einen alten Namen der Gera bei Erfurt, einen sogenannten Teilabschnittsnamen. Das hieße, dass ein Teil der Gera bei Erfurt ursprünglich Erpesa/Erfesa geheißen habe.

Diesen Namen kann man ganz gut erklären. Bildungen mit einem -s- im Namen sind auf altgermanischem Gebiet sowohl in Orts- wie in Flussnamen gut bezeugt (ausführlich behandelt bei Udolph, Germanenproblem, S. 199-218). Und daher fällt es nicht schwer, im ersten Teil des Namens eine -s-Bildung zu einem altgermanischen Wort zu sehen, das man im Wortschatz gefunden hat. Es ist althochdeutsch erpf „dunkelfarben, bräunlich, schwärzlich“, das Entsprechungen im Altenglischen und Altnordischen besitzt (ausführlich behandelt im Etymolog. Wörterbuch des Althochdeutschen, Bd. III, Sp. 1148-1150).

Ausgehend von einem Ansatz *Erpesa o.ä. kann man in diesem Namen eine Grundbedeutung „die Braune, Dunkle“ annehmen. Aus diesem Teilabschnittsnamen der Gera wäre dann der heutige Ortsname Erfurt entstanden.

Allerdings ist an diesem Vorschlag auch Kritik geübt worden, vor allem von H. Tiefenbach. Er weist darauf hin, dass bei -furt-Namen im ersten Teil nur selten der Flussname enthalten ist und schließt daher auch einen Personennamen Erp, Erph („Dunkler, Brauner“) nicht aus. Das würde bedeuten, dass der Ort nach einer Person benannt worden ist, die Verantwortung für die Furt trug.

Allerdings hat H. Tiefenbach in einer gesonderten Studie zu den -furt-Namen selbst Belege dafür erbracht, dass Flussnamen durchaus auch in -furt-Namen vorkommen können. Er führt unter anderem an: Lupfurdon bei Ptolemäus, 801 Suuarzachafurt (Nebenfluss der Fulda), Vilvoorden bei Brüssel, 7779 Filfurdo, das 1045 erwähnte Ascahafurt (zur Aschach), Wipperfürth an der Wupper und Illfurth bei Mülhausen im Elsaß.

Ich denke daher, dass nichts Grundlegendes gegen die Vermutung, dass in Erfurt ein alter Name der Gera steckt, gesagt werden kann.

Literatur-Angaben:

Literatur-Angaben:
E. Eichler, H. Walther: „Städtenamenbuch der DDR“, Leipzig 1986, S. 91f.

K. Hengst, in: „Deutsches Ortsnamenbuch“, Hrsg. von M. Niemeyer, Berlin-Boston 2012, S. 163.

H. Tiefenbach, „Erfurt“. In: „Reallexikon der Germanischen Altertumskunde“, Bd. 7, Berlin – New York 1989, S. 488f.

H. Tiefenbach: „Furtnamen und Verwandtes“. In: „Untersuchungen zu Handel und Verkehr der vor- und frühgeschichtlichen Zeit“. Teil V (Abhandlungen der Akademie der Wissenschaften zu Göttingen; Philologisch-Historische Klasse Nr. 180). Göttingen 1989, S. 262-290.

J. Udolph: „Namenkundliche Studien zum Germanenproblem“, Berlin – New York 1994.

H. Walther: „Namenkundliche Beiträge zur Siedlungsgeschichte des Saale- und Mittelelbegebietes bis zum Ende des 9. Jahrhunderts“, Berlin 1971, S. 235, 243.

Termine und Vorträge

Am Freitag, dem 3. Mai 2024, um 18:00 Uhr ist Prof. Udolph in Kösnitz, Bad Sulza zu Gast und hält einen Vortrag zu Familiennamen.

Der Vortrag findet statt im Gemeindehaus Kösnitz.

Am Sonntag, dem 5.5.2024, referiert Prof. Udolph um 12 Uhr in Göttingen.

Namen sind Schall und Rauch – stimmt das?

Ort: noch unbekannt

Näheres demnächst hier:

https://www.uni-goettingen.de/de/613438.html

Radio-Sendungen

Antenne Brandenburg
Montag bis Samstag,
zwischen 10 und 11 Uhr

MDR 1 Radio Thüringen
Ihren Namen bitte! – Namenforscher Udolph erklärt ihn

Sendung jeweils von 11.00–12.00 Uhr.

  • Donnerstag, 2. Mai
  • Mittwoch, 8. Mai
  • Donnerstag, 16. Mai
  • Donnerstag, 23. Mai
  • Donnerstag, 30. Mai
  •  

MDR 1 Radio Sachsen
Namenkunde: Familiennamen und ihre Bedeutung
jeden Montag, 15.00–16.00 Uhr

SWR 1 Rheinland-Pfalz
Namenforscher | Was bedeutet mein Name?
Montag bis Freitag,
zwischen 9.00 Uhr und 12.00 Uhr

TV-Sendungen

RBB

Prof. Udolph ist am 2. Oktober 2023 in der Sendung schön + gut ab 18:30 Uhr zu sehen.

MDR

Professor Udolph ist am 23. Mai 2024 wieder im MDR Fernsehen bei MDR um Vier zu sehen.

Schritt 1 von 3

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Dr. Kristin Loga

  • 2003–2008 Studium der Germanistik, Afrikanistik und Onomastik an der Universität Leipzig
  • Abschlussarbeit: Die Ortsnamen des Landkreises Sangerhausen, Magisterarbeit, masch., Leipzig 2007.
  • 2012–2019 Dissertation über die Ortsnamen in den ehem. Landkreisen Quedlinburg und Sangerhausen, Sachsen-Anhalt
  • 12.11.2020 erfolgreiche Verteidigung der Dissertation an der Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg

Veröffentlichungen (Auswahl):

  • „Über Namen gibt’s immer was zu sagen.“ Festschrift für Jürgen Udolph zum 80. Geburtstag, hg. zus. mit Joachim Andraschke, Bamberg und Schwanewede 2023. (zu bestellen direkt bei uns im Namenzentrum)
  • „Ortsnamen im Ostharz: Eine onomastische Untersuchung der Namen rezenter und wüst gefallener Siedlungen der ehemaligen Landkreise Sangerhausen und Quedlinburg“, Dissertation Halle 2020, kostenfrei zugänglich unter https://opendata.uni-halle.de/handle/1981185920/92661
  • Der Ortsname Questenberg. In: Das Questenfest. Forschung und Festkultur. Tagungsband der Tagung von 11.–13. Oktober 2019 in Questenberg und Roßla. Schriftenreihe des Biosphärenreservats Karstlandschaft Südharz 2020, S. 156–164.
  • (Zus. mit Christian Zschieschang) Namenkunde in und über Sachsen-Anhalt: Stand, Neues und Fehlendes. In: Sachsen und Anhalt. Jahrbuch der Historischen Kommission für Sachsen-Anhalt 31 (2019), S. 231–246.
  • Die Mischnamen des Hersfelder Zehntgebietes. In: Mehrsprachige Sprachlandschaften? Das Problem der slavisch-deutschen Mischtoponyme. Akten der Kieler Tagung 16.–18. Oktober 2014. Hrsg. v. Kathrin Marterior und Norbert Nübler (Onomastica Lipsiensia. Leipziger Untersuchungen zur Namenforschung 11). Leipzig 2016, S. 131–156.
  • Viertel- und Straßennamen der Stadt Bremen. In: Die Stadt und ihre Namen. 2. Teilband. Hg. v. Dieter Kremer und Dietlind Kremer (Onomastica Lipsiensia. Leipziger Untersuchungen zur Namenforschung 9). Leipzig 2013, S. 195–214.
  • Kurzer Überblick über die Siedlungsnamen im Kreis Sangerhausen. In: Namenkundliche Informationen 98 (2010), S. 121–133

Äußere Familiennamengeschichte

Menschen (Textproduzenten, Textrezipienten, Familiennamenbenutzer) kommunizieren mittels Texten, die Familiennamen enthalten, über sich selbst und über andere Menschen. Will man eine über die Geschichte der Wortlaute der Familiennamen hinausgehende, die Semantik (Bedeutung) berücksichtigende Familiennamengeschichte betreiben, muss man sich der Geschichte der Personen, über die Informationen in den Gehirnen der Familiennamenbenutzer abgespeichert sind, widmen. Da sich die Bedeutungen der Familiennamen wie die der anderen Wörter in den Gehirnen der Familiennamenbenutzer befinden, ist die Familiennamensemantik generell zu rekonstruieren. Im Falle rezenter Familiennamengeschichte kommen als Gewährspersonen dienende Familiennamenbenutzer in Betracht, die bestenfalls annähernd genaue Angaben für die Rekonstruktion der Semantik zur betreffenden Zeit machen können. Zur Ermittlung relevanter Merkmale der Denotation (wer mit dem Namen gemeint ist) und der Konnotationen (über welche Eigenschaften derjenige verfügt) sind Fragen über die familiennamentlich benannte(n) Person(en) zu stellen, während hinsichtlich der Konnotationen darüber hinaus auch Auskünfte über den (die) Familiennamen eingeholt werden können. Stehen wie bei weiter zurückliegender Familiennamengeschichte keine Gewährspersonen zur Verfügung, dann müssen die Personengeschichte (Prosopographie) beziehungsweise die Familiengeschichte (Genealogie) herangezogen werden.

Um eine den jeweiligen vorliegenden Umständen angemessene Deutung der Familiennamen vornehmen zu können, sind die Personen beziehungsweise Familien in die relevante Orts- und Regionalgeschichte sowie in die größeren historischen, ökonomischen, politischen und kulturellen Gegebenheiten einzuordnen. Diese enge, unverzichtbare Verbindung von Wortstudium beziehungsweise Wortgeschichte (innere Familiennamengeschichte) und Sachstudium beziehungsweise Sachgeschichte (äußere Familiennamengeschichte) liegt dem bewährten Forschungsprinzip „Wörter und Sachen“ zugrunde, welches sich aus der Bezeichnungsfunktion der Sprache ergibt. Auf Familiennamen angewandt, kann man vom Forschungsprinzip „Familiennamen und Familienmitglieder“ sprechen. Die Beschäftigung mit der äußeren Geschichte der Familiennamen, die auch die Untersuchung der Verbreitung der mit gleichlautenden Familiennamen benannten Personen zu unterschiedlichen Zeiten beinhaltet (historische Familiennamengeographie), sich also neben Personen- beziehungsweise Familiengeschichte auch auf diese Weise um das Auffinden der „Heimat“ der Familiennamen bemüht, die Familiennamen somit „in ihre Landschaft“ (Namenlandschaft, Mundart) hineinstellt, liefert die Hintergründe und Belege für die innere Geschichte der Familiennamen. Um eine möglichst übersichtliche Anordnung der Verbreitungsdaten zu bekommen, fertigen wir Karten an. Entsprechend den gerade interessierenden Aspekten der inneren Familiennamengeschichte sind hinreichend umfängliche und aussagekräftige Belege als Materialbasis zusammenzutragen und quellenkritisch aufzubereiten. Zur Belegsammlung, das heißt zur Ermittlung von Fundstellen der untersuchten Familiennamen in historischen Dokumenten, durchforsten wir Quelleneditionen in Bibliotheken. Oftmals reicht die Qualität der Editionen für unsere Zwecke nicht aus und außerdem sind die meisten familiennamenkundlich relevanten Quellen bisher nicht ediert, so dass wir regelmäßig ins Archiv gehen, um die Belege direkt aus den Dokumenten zu exzerpieren. Der Umgang mit historischen Quellen erfordert nicht nur Kenntnisse der Paläographie, sondern auch des Lateinischen, historischer Sprachstufen des Deutschen und anderer Sprachen. Man kann die Wichtigkeit der Belege für die Familiennamenkunde kaum übertreiben, insbesondere dann nicht, wenn man die Nachvollziehbarkeit jeglicher Schlussfolgerungen als Kriterium von Wissenschaftlichkeit anerkennt. Wissenschaftliche Familiennamenkunde ist ohne Belege nicht möglich.

Gelegentlich werden von den Verfassern familiennamenkundlicher Publikationen, vor allem solcher von Familiennamenbüchern, diverse Gründe vorgebracht, warum keine Belege angeführt werden. Die gängigsten Gründe sind:

  • Der für die Belegapparate erforderliche Raum steht nicht im Verhältnis zu deren Nutzen
  • Familiennamenkunde ist keine Personen- oder Familiengeschichte

Verfasser, die Derartiges behaupten, dürften meistens wohl eher verbergen wollen oder sogar eingestehen, dass sie keine äußere Familiennamengeschichte betrieben beziehungsweise keine die Ergebnisse äußerer Familiennamengeschichte präsentierenden Vorarbeiten herangezogen haben.