Landkreis Nordhausen Heringen

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Eine Auflistung urkundlicher Belege für den Ortsnamen steht u.a. bei K.-H. Müller. Annahmen, wonach der Ort bereits in Fuldaer Urkunden im 9. Jahrhundert erscheint, sind wenig wahrscheinlich:

  • 1148 Heringa
  • 1155/1172 Heringen
  • 1181 Heringo
  • 1187 Herugen
  • 1204 Haringen
  • 1257 Haringe
  • 1277 Herungen
  • 1312 Haringen
  • 1334 Hering

Es gibt bei der Überlieferung nur wenige Schwankungen. Aufgrund des Wechsels zwischen Her- und Har- wird man, bedingt durch den sogenannten Umlaut, der ein altes -a- vor einem folgenden -i- zu -e- verändert, am ehesten von einer Grundform `Har-ing-´ ausgehen dürfen.

In der Vergangenheit (E. Eichler/H. Walther, E. Förstemann, H. Walther), aber auch noch in jüngerer Zeit (K. Andrießen, Siedlungsnamen in Hessen. Verbreitung und Entfaltung bis 1200, Marburg 1990; zu Heringen an der Werra: Deutsches Ortsnamenbuch, hrsg. von M. Niemeyer, Berlin-Boston 2012, S. 258), hat man die Ortsnamen zumeist als Ableitungen von einem Personennamen angesehen und als „Siedlung eines Har (zu harja ‘Heer’)“ verstanden.

Gegen diese Deutung ist aber auch schon früher gelegentlich Einspruch eingelegt worden, so etwa von A. Werneburg und auch von K.-H. Müller (dessen Erklärung aus hor-„Sumpf, Morast“ passt aber nicht zu den Belegen von Heringen). Man zweifelte vor allem deshalb an dieser Erklärung, weil Heringen bei Nordhausen nicht allein steht, sondern etliche andere Ortsnamen neben sich hat:

  • Hary (Kr. Hildesheim), 1225 Heringe,1235 Heringe
  • Ostharingen(Kr. Goslar), hierher auch die heute nicht mehr existierenden Orte West- und Mittelharingen, 1133 Heriggen, 1142 Heriggen, (1254) Herigge
  • Großheringen, Kleinheringen bei Naumburg, 8. Jh. Heringen, 9. Jh. Heringa
  • Heringen bei Vacha (Hessen), 841 (Kopie 12. Jh.) Heringen, 1153 Heringen
  • Heringen bei Limburg (Hessen), um 790 (Kopie 10. Jh.) in Heringae

Während man bei den -ingen-Bildungen nicht sicher sein kann, ob ein Personenname zugrunde liegt oder ein Wort, ist Letzteres bei anderen Ortsnamen sicher, die zwar kein -ingen besitzen, aber auch auf eine Grundlage `Har-´zurückgeführt werden müssen (dazu habe ich schon unter dem thüringischen Ortsnamen Herda, s. Ortsnamenregister, ausführlich geschrieben). Es geht um Herda, Heerde, Heerdt und weitere Ortsnamen, aber auch um Groß und Klein Heere im Kr. Wolfenbüttel.

Zu deren Grundlage schreibt K. Casemir: „Das in Namen vorkommende Element Har‑ läßt sich verbinden mit mittelniederdeutsch hāre, in dem man eine Bedeutung „Landstück, Anhöhe, Hügel“ sieht. Dazu gehören auch schwedisch (dial.) har „steiniger Boden“, altnord. hǫrgr „Steinhaufen, Opferstätte, Steinaltar“, norweg. horg „Erhebung, meist mit flacher Spitze“, vielleicht auch althochdeutsch hard „Bergwald“, das auch in zahlreichen Namen vorkommt (Bonner Hardthöhe; auch der Harz gehört hierher)“. Sie meint weiter: „Erschließen läßt sich also ein Element har‑ in der Bedeutung ‘(steinige) Anhöhe’, das auch in Heere vorliegt. Die Lage Heeres an den (relativ steilen) Ausläufern des Hainberges stützt diese Deutung“.

Von hieraus wird nun die Lage der Heringen-Orte wichtig, denn auch diese liegen sämtlich an deutlich ausgeprägten Berghängen, bei Heringen an der Helme sind es fast 100 m Höhenunterschied bis zum Eichenberg; Groß- und Kleinheringen bei Bad Sulza liegen direkt am Steilhang des Saaleufers; bei Heringen nahe Vacha ist es das Steilufer der Werra; bei Hary (Kr. Hildesheim) beträgt der Höhenunterschied zur Spitze der Harplage ca. 140 m; bei Ostharingen (Kr. Goslar) ist der Unterschied zum Windenberg etwa gleich groß; nicht ganz so deutlich ist die Lage von Heringen bei Limburg.

Daher glaube ich, dass Heringen als Ort am Abhang, am Steilhang zu erklären ist.

Literatur-Angaben:

Literaturangabe
*K. Casemir
Die Ortsnamen des Landkreises Wolfenbüttel und der Stadt Salzgitter
Bielefeld 2003, S. 182-187.

*E. Eichler, H. Walther
Städtenamenbuch der DDR
Leipzig 1986, S. 134.

*E. Förstemann, Altdeutsches Namenbuch, Bd. 2: Orts- und sonstige geographische Namen, l. Hälfte
Bonn 1913, Sp. 1252.

*K.-H. Müller
Die Ortsnamen der Kreise Nordhausen und Worbis
Masch.-Schr. Hausarbeit, Jena, 1954, S. 78f.

*J. Udolph
Suffixbildungen in alten Ortsnamen Nord- und Mitteldeutschlands; in: Suffixbildungen in alten Ortsnamen
Uppsala 2004, S. 158.

*H. Walther
Namenkundliche Beiträge zur Siedlungsgeschichte des Saale- und Mittelelbegebietes bis zum Ende des 9. Jahrhunderts
Berlin 1971, S. 247.

*A. Werneburg
Die Namen der Ortschaften und Wüstungen Thüringens
Nachdruck Köln-Wien 1983, S. 60.

Termine und Vorträge

Am Freitag, dem 3. Mai 2024, um 18:00 Uhr ist Prof. Udolph in Kösnitz, Bad Sulza zu Gast und hält einen Vortrag zu Familiennamen.

Der Vortrag findet statt im Gemeindehaus Kösnitz.

Am Sonntag, dem 5.5.2024, referiert Prof. Udolph um 12 Uhr in Göttingen.

Namen sind Schall und Rauch – stimmt das?

Ort: noch unbekannt

Näheres demnächst hier:

https://www.uni-goettingen.de/de/613438.html

Radio-Sendungen

Antenne Brandenburg
Montag bis Samstag,
zwischen 10 und 11 Uhr

MDR 1 Radio Thüringen
Ihren Namen bitte! – Namenforscher Udolph erklärt ihn

Sendung jeweils von 11.00–12.00 Uhr.

  • Donnerstag, 2. Mai
  • Mittwoch, 8. Mai
  • Donnerstag, 16. Mai
  • Donnerstag, 23. Mai
  • Donnerstag, 30. Mai
  •  

MDR 1 Radio Sachsen
Namenkunde: Familiennamen und ihre Bedeutung
jeden Montag, 15.00–16.00 Uhr

SWR 1 Rheinland-Pfalz
Namenforscher | Was bedeutet mein Name?
Montag bis Freitag,
zwischen 9.00 Uhr und 12.00 Uhr

TV-Sendungen

RBB

Prof. Udolph ist am 2. Oktober 2023 in der Sendung schön + gut ab 18:30 Uhr zu sehen.

MDR

Professor Udolph ist am 23. Mai 2024 wieder im MDR Fernsehen bei MDR um Vier zu sehen.

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Dr. Kristin Loga

  • 2003–2008 Studium der Germanistik, Afrikanistik und Onomastik an der Universität Leipzig
  • Abschlussarbeit: Die Ortsnamen des Landkreises Sangerhausen, Magisterarbeit, masch., Leipzig 2007.
  • 2012–2019 Dissertation über die Ortsnamen in den ehem. Landkreisen Quedlinburg und Sangerhausen, Sachsen-Anhalt
  • 12.11.2020 erfolgreiche Verteidigung der Dissertation an der Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg

Veröffentlichungen (Auswahl):

  • „Über Namen gibt’s immer was zu sagen.“ Festschrift für Jürgen Udolph zum 80. Geburtstag, hg. zus. mit Joachim Andraschke, Bamberg und Schwanewede 2023. (zu bestellen direkt bei uns im Namenzentrum)
  • „Ortsnamen im Ostharz: Eine onomastische Untersuchung der Namen rezenter und wüst gefallener Siedlungen der ehemaligen Landkreise Sangerhausen und Quedlinburg“, Dissertation Halle 2020, kostenfrei zugänglich unter https://opendata.uni-halle.de/handle/1981185920/92661
  • Der Ortsname Questenberg. In: Das Questenfest. Forschung und Festkultur. Tagungsband der Tagung von 11.–13. Oktober 2019 in Questenberg und Roßla. Schriftenreihe des Biosphärenreservats Karstlandschaft Südharz 2020, S. 156–164.
  • (Zus. mit Christian Zschieschang) Namenkunde in und über Sachsen-Anhalt: Stand, Neues und Fehlendes. In: Sachsen und Anhalt. Jahrbuch der Historischen Kommission für Sachsen-Anhalt 31 (2019), S. 231–246.
  • Die Mischnamen des Hersfelder Zehntgebietes. In: Mehrsprachige Sprachlandschaften? Das Problem der slavisch-deutschen Mischtoponyme. Akten der Kieler Tagung 16.–18. Oktober 2014. Hrsg. v. Kathrin Marterior und Norbert Nübler (Onomastica Lipsiensia. Leipziger Untersuchungen zur Namenforschung 11). Leipzig 2016, S. 131–156.
  • Viertel- und Straßennamen der Stadt Bremen. In: Die Stadt und ihre Namen. 2. Teilband. Hg. v. Dieter Kremer und Dietlind Kremer (Onomastica Lipsiensia. Leipziger Untersuchungen zur Namenforschung 9). Leipzig 2013, S. 195–214.
  • Kurzer Überblick über die Siedlungsnamen im Kreis Sangerhausen. In: Namenkundliche Informationen 98 (2010), S. 121–133

Äußere Familiennamengeschichte

Menschen (Textproduzenten, Textrezipienten, Familiennamenbenutzer) kommunizieren mittels Texten, die Familiennamen enthalten, über sich selbst und über andere Menschen. Will man eine über die Geschichte der Wortlaute der Familiennamen hinausgehende, die Semantik (Bedeutung) berücksichtigende Familiennamengeschichte betreiben, muss man sich der Geschichte der Personen, über die Informationen in den Gehirnen der Familiennamenbenutzer abgespeichert sind, widmen. Da sich die Bedeutungen der Familiennamen wie die der anderen Wörter in den Gehirnen der Familiennamenbenutzer befinden, ist die Familiennamensemantik generell zu rekonstruieren. Im Falle rezenter Familiennamengeschichte kommen als Gewährspersonen dienende Familiennamenbenutzer in Betracht, die bestenfalls annähernd genaue Angaben für die Rekonstruktion der Semantik zur betreffenden Zeit machen können. Zur Ermittlung relevanter Merkmale der Denotation (wer mit dem Namen gemeint ist) und der Konnotationen (über welche Eigenschaften derjenige verfügt) sind Fragen über die familiennamentlich benannte(n) Person(en) zu stellen, während hinsichtlich der Konnotationen darüber hinaus auch Auskünfte über den (die) Familiennamen eingeholt werden können. Stehen wie bei weiter zurückliegender Familiennamengeschichte keine Gewährspersonen zur Verfügung, dann müssen die Personengeschichte (Prosopographie) beziehungsweise die Familiengeschichte (Genealogie) herangezogen werden.

Um eine den jeweiligen vorliegenden Umständen angemessene Deutung der Familiennamen vornehmen zu können, sind die Personen beziehungsweise Familien in die relevante Orts- und Regionalgeschichte sowie in die größeren historischen, ökonomischen, politischen und kulturellen Gegebenheiten einzuordnen. Diese enge, unverzichtbare Verbindung von Wortstudium beziehungsweise Wortgeschichte (innere Familiennamengeschichte) und Sachstudium beziehungsweise Sachgeschichte (äußere Familiennamengeschichte) liegt dem bewährten Forschungsprinzip „Wörter und Sachen“ zugrunde, welches sich aus der Bezeichnungsfunktion der Sprache ergibt. Auf Familiennamen angewandt, kann man vom Forschungsprinzip „Familiennamen und Familienmitglieder“ sprechen. Die Beschäftigung mit der äußeren Geschichte der Familiennamen, die auch die Untersuchung der Verbreitung der mit gleichlautenden Familiennamen benannten Personen zu unterschiedlichen Zeiten beinhaltet (historische Familiennamengeographie), sich also neben Personen- beziehungsweise Familiengeschichte auch auf diese Weise um das Auffinden der „Heimat“ der Familiennamen bemüht, die Familiennamen somit „in ihre Landschaft“ (Namenlandschaft, Mundart) hineinstellt, liefert die Hintergründe und Belege für die innere Geschichte der Familiennamen. Um eine möglichst übersichtliche Anordnung der Verbreitungsdaten zu bekommen, fertigen wir Karten an. Entsprechend den gerade interessierenden Aspekten der inneren Familiennamengeschichte sind hinreichend umfängliche und aussagekräftige Belege als Materialbasis zusammenzutragen und quellenkritisch aufzubereiten. Zur Belegsammlung, das heißt zur Ermittlung von Fundstellen der untersuchten Familiennamen in historischen Dokumenten, durchforsten wir Quelleneditionen in Bibliotheken. Oftmals reicht die Qualität der Editionen für unsere Zwecke nicht aus und außerdem sind die meisten familiennamenkundlich relevanten Quellen bisher nicht ediert, so dass wir regelmäßig ins Archiv gehen, um die Belege direkt aus den Dokumenten zu exzerpieren. Der Umgang mit historischen Quellen erfordert nicht nur Kenntnisse der Paläographie, sondern auch des Lateinischen, historischer Sprachstufen des Deutschen und anderer Sprachen. Man kann die Wichtigkeit der Belege für die Familiennamenkunde kaum übertreiben, insbesondere dann nicht, wenn man die Nachvollziehbarkeit jeglicher Schlussfolgerungen als Kriterium von Wissenschaftlichkeit anerkennt. Wissenschaftliche Familiennamenkunde ist ohne Belege nicht möglich.

Gelegentlich werden von den Verfassern familiennamenkundlicher Publikationen, vor allem solcher von Familiennamenbüchern, diverse Gründe vorgebracht, warum keine Belege angeführt werden. Die gängigsten Gründe sind:

  • Der für die Belegapparate erforderliche Raum steht nicht im Verhältnis zu deren Nutzen
  • Familiennamenkunde ist keine Personen- oder Familiengeschichte

Verfasser, die Derartiges behaupten, dürften meistens wohl eher verbergen wollen oder sogar eingestehen, dass sie keine äußere Familiennamengeschichte betrieben beziehungsweise keine die Ergebnisse äußerer Familiennamengeschichte präsentierenden Vorarbeiten herangezogen haben.