Landkreis Hildburghausen Schleusingen

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Historische Belege:

Aber was dann?

  • 1232 villa Slusungen
  • 1235 Slusungen
  • 1287 de Slusungin
  • 1291 Slusengen
  • 1299 Slüsüngen
  • 1315 von Slevsungen
  • 1317 Sleusungen
  • 1317 Slusungin
  • 1317 Sleussungen, Slusungen
  • 1330 Slusungen
  • 1332 Slevsungen
  • 1333 zu Slusingen
  • 1334 Slusn
  • 1336 zv Slusn
  • 1347 Schlusungen
  • 1347 Sluesungen
  • 1366 Slusungen
  • 1366 Slüsingen
  • 1380 Slüsüngin
  • 1384 zu Sluesungen
  • 1390 Slüsüngen
  • 1394 Slusungen
  • 1406 Slüsingen
  • 1408 Slüsüngin
  • 1415 Sieusingen
  • 1425 Slüsüngen
  • 1435 Schleusüngen
  • 1435 Schleusungen
  • 1435 Schleusingen
  • 1446 Schleusingen
  • 1452 Slusungen
  • 1556 Schleusingen
  • 1606 Schleusingen
  • 1796 Schleusingen
  • 1833 Schleusingen

Vom Namen Schleusingen ist abgeleitet: Schleusingerneundorf (Ortsteil der Gemeinde Nahetal, nördlich von Schleusingen), um 1383-1400 zu Nuwindorf, 1406 daz Neudorf unter den Frawen, 1794 Schleusinger-Neundorf. Das ist eine junge Bildung. Zunächst hieß der Ort nur Neu(e)dorf.

Für die Deutung des Ortsnamens ist wichtig der Gewässername Schleuse, 1545 Schleuse, denn Bildungen mit dem Suffix -ungen sind nicht selten Ableitungen von einen Gewässernamen. Dass er heute Schleusingen heißt, geht auf einen Wechsel des auslautenden -ungen zu ‑ingen zurück. Entsprechende Veränderungen kann man bei etlichen -ingen und -ungen-Ortsnamen beobachten. Im Allgemeinen wird der Ortsname natürlich zu dem Wort Schleuse, genauer: zu mittelniederdeutsch slūse „Gerät oder Einrichtung zum Einschließen, besonders der Fische“ gestellt (eine Schleuse im heutigen Sinn ist sicherlich noch nicht gemeint).

Aber kann ein Flussname Schleuse ohne weitere Ableitung von dem Wort Schleuse abgeleitet worden sein? Das ist kaum möglich, er müsste dann Schleusenfluss o.ä. heißen. Es gibt in Deutschland ein Dutzend Gewässer, die das Wort Schleuse enthalten. Sie heißen Schleusengraben, Schleusenfleet, Schleusenkanal, Schleusensee, Schleusenteich usw., aber niemals allein Schleuse.

Zudem ist zu bedenken, dass Ableitungen mit dem Suffix -ungen zu alten germanischen Namenbildungen gehören, man vergleiche:

  • Beverungen an der Weser, 826-876 Beuerungen; Birkungen, 1191 Bircunchen,1206 in Berckungen, 1209 in Birckungen
  • Fladungen, Unterfranken, 789 et in [F]ladungom, 1031 Fladungon
  • Hellingen, Kr. Hildburghausen, 784 in Helid[u]ngon, 800 (?) in Helidu[n]g[u]m
  • Madelungen bei Eisenach, um 1080 in Madelungen
  • Salzungen, 775 Salsunga
  • Schwallungen, bei Meiningen, 788 in villa Suollunga, Ende 8.Jh. in Suuallungom
  • Thürungen bei Heringen/Helme, um 1050 Dierungun, vor 1088 Tyrungun
  • Wasungen bei Meiningen, 874 Uuasunga

Weiter gilt es zu bedenken, dass bei den Ableitungsgrundlagen dieser Namen menschliche Einrichtungen keine Rolle spielen. Es sind geographische Eigentümlichkeiten, Bäume, feuchte Flächen, Hügel, Berge u. dgl.

Wenn angenommen wird, dass der Fluss Schleuse seinen Namen von dem Ort bekommen hat, so kann das auch nicht stimmen, denn das Wort Schleuse, das dem Ortsnamen zugrunde liegen soll, ist erst aus dem Niederländischen in das Niederdeutsche und von dort in das Hochdeutsche entlehnt worden. Das passt alles nicht zusammen, vor allem nicht, wenn J. Trier mit Recht bemerkt, dass dem Orts- und Flussnamen bei Ableitung von dem Wort Schleuse „eine verhältnismäßig junge Namengebung“ liegen soll.

Man darf vermuten – allerdings lässt sich das nicht beweisen -, dass der Flussname seinen Namen nicht von der Schleuse, sondern von einem anderen Wort erhalten hat. Bei der Suche stößt man auf eine Sippe, die vielleicht in Frage kommt (im Niederdeutschen, Englischen, Nordischen und Niederländischen mit –t-, im Hochdeutschen mit -s-): altfries. slāt, mittelniederdeutsch slōt m. `Wassergraben, Pfütze, Sumpf‘, engl. sleet (angelsächsisch *slīete), `Schloßen, Graupeln‘, niederdeutsch slöten `Hagel‘, mittelhochdeutsch slōz, slōze, neuhochdeutsch Schloße, norweg. slutr `Regen und Schnee durcheinander‘, neuhochdeutsch  dial. schlossen `schlaff werden, tauen‘ (schlotzen `mit Schmutz zu tun haben, nachlässig sein‘ mit ‑tt-).

Eine zweite Möglichkeit besteht darin, eine alte Variante (*slūs-, *sleus-) zu mittelhochdeutsch slier „Lehm, Schlamm“ (gut bezeugt in Ortsnamen wie Schlierbach, Schlirf) anzunehmen. Sicher ist das aber alles nicht. Daher kommt man nicht umhin, die Schleuse doch in Betracht zu ziehen. Aber auch dann bleiben ungelöste Fragen. Also ein einfach klingender Name mit einer komplizierten Geschichte.

Literatur-Angaben:

Literatur:
A. Greule
Deutsches Gewässernamenbuch
Berlin/Boston 2014, S. 473.

R. Sperber
Die Nebenflüsse von Werra und Fulda bis zum Zusammenfluß (= Hydronymia Germaniae A 5)
Wiesbaden 1966, S. 92.

Y. Merkenelioglu
Ortsnamen des Landkreises Hildburghausen auf der Grundlage gedruckter Überlieferung
Magisterarbeit Bayreuth 1997, S. 29.

J. Trier
Name und Technik
in: Beiträge zur Namenforschung, Neue Folge 2 (1967), S. 131-145

J. Udolph
Namenkundliche Studien zum Germanenproblem
Berlin – New York 1994, S. 149-161.

H. Walther
Namenkundliche Beiträge zur Siedlungsgeschichte des Saale- und Mittelelbegebietes bis zum Ende des 9. Jahrhunderts
Berlin 1971, S. 251.

Termine und Vorträge

Am Freitag, dem 3. Mai 2024, um 18:00 Uhr ist Prof. Udolph in Kösnitz, Bad Sulza zu Gast und hält einen Vortrag zu Familiennamen.

Der Vortrag findet statt im Gemeindehaus Kösnitz.

Am Sonntag, dem 5.5.2024, referiert Prof. Udolph um 12 Uhr in Göttingen.

Namen sind Schall und Rauch – stimmt das?

Ort: noch unbekannt

Näheres demnächst hier:

https://www.uni-goettingen.de/de/613438.html

Radio-Sendungen

Antenne Brandenburg
Montag bis Samstag,
zwischen 10 und 11 Uhr

MDR 1 Radio Thüringen
Ihren Namen bitte! – Namenforscher Udolph erklärt ihn

Sendung jeweils von 11.00–12.00 Uhr.

  • Donnerstag, 2. Mai
  • Mittwoch, 8. Mai
  • Donnerstag, 16. Mai
  • Donnerstag, 23. Mai
  • Donnerstag, 30. Mai
  •  

MDR 1 Radio Sachsen
Namenkunde: Familiennamen und ihre Bedeutung
jeden Montag, 15.00–16.00 Uhr

SWR 1 Rheinland-Pfalz
Namenforscher | Was bedeutet mein Name?
Montag bis Freitag,
zwischen 9.00 Uhr und 12.00 Uhr

TV-Sendungen

RBB

Prof. Udolph ist am 2. Oktober 2023 in der Sendung schön + gut ab 18:30 Uhr zu sehen.

MDR

Professor Udolph ist am 23. Mai 2024 wieder im MDR Fernsehen bei MDR um Vier zu sehen.

Schritt 1 von 3

Geben Sie bitte Informationen für die wissenschaftliche Untersuchung an

Dr. Kristin Loga

  • 2003–2008 Studium der Germanistik, Afrikanistik und Onomastik an der Universität Leipzig
  • Abschlussarbeit: Die Ortsnamen des Landkreises Sangerhausen, Magisterarbeit, masch., Leipzig 2007.
  • 2012–2019 Dissertation über die Ortsnamen in den ehem. Landkreisen Quedlinburg und Sangerhausen, Sachsen-Anhalt
  • 12.11.2020 erfolgreiche Verteidigung der Dissertation an der Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg

Veröffentlichungen (Auswahl):

  • „Über Namen gibt’s immer was zu sagen.“ Festschrift für Jürgen Udolph zum 80. Geburtstag, hg. zus. mit Joachim Andraschke, Bamberg und Schwanewede 2023. (zu bestellen direkt bei uns im Namenzentrum)
  • „Ortsnamen im Ostharz: Eine onomastische Untersuchung der Namen rezenter und wüst gefallener Siedlungen der ehemaligen Landkreise Sangerhausen und Quedlinburg“, Dissertation Halle 2020, kostenfrei zugänglich unter https://opendata.uni-halle.de/handle/1981185920/92661
  • Der Ortsname Questenberg. In: Das Questenfest. Forschung und Festkultur. Tagungsband der Tagung von 11.–13. Oktober 2019 in Questenberg und Roßla. Schriftenreihe des Biosphärenreservats Karstlandschaft Südharz 2020, S. 156–164.
  • (Zus. mit Christian Zschieschang) Namenkunde in und über Sachsen-Anhalt: Stand, Neues und Fehlendes. In: Sachsen und Anhalt. Jahrbuch der Historischen Kommission für Sachsen-Anhalt 31 (2019), S. 231–246.
  • Die Mischnamen des Hersfelder Zehntgebietes. In: Mehrsprachige Sprachlandschaften? Das Problem der slavisch-deutschen Mischtoponyme. Akten der Kieler Tagung 16.–18. Oktober 2014. Hrsg. v. Kathrin Marterior und Norbert Nübler (Onomastica Lipsiensia. Leipziger Untersuchungen zur Namenforschung 11). Leipzig 2016, S. 131–156.
  • Viertel- und Straßennamen der Stadt Bremen. In: Die Stadt und ihre Namen. 2. Teilband. Hg. v. Dieter Kremer und Dietlind Kremer (Onomastica Lipsiensia. Leipziger Untersuchungen zur Namenforschung 9). Leipzig 2013, S. 195–214.
  • Kurzer Überblick über die Siedlungsnamen im Kreis Sangerhausen. In: Namenkundliche Informationen 98 (2010), S. 121–133

Äußere Familiennamengeschichte

Menschen (Textproduzenten, Textrezipienten, Familiennamenbenutzer) kommunizieren mittels Texten, die Familiennamen enthalten, über sich selbst und über andere Menschen. Will man eine über die Geschichte der Wortlaute der Familiennamen hinausgehende, die Semantik (Bedeutung) berücksichtigende Familiennamengeschichte betreiben, muss man sich der Geschichte der Personen, über die Informationen in den Gehirnen der Familiennamenbenutzer abgespeichert sind, widmen. Da sich die Bedeutungen der Familiennamen wie die der anderen Wörter in den Gehirnen der Familiennamenbenutzer befinden, ist die Familiennamensemantik generell zu rekonstruieren. Im Falle rezenter Familiennamengeschichte kommen als Gewährspersonen dienende Familiennamenbenutzer in Betracht, die bestenfalls annähernd genaue Angaben für die Rekonstruktion der Semantik zur betreffenden Zeit machen können. Zur Ermittlung relevanter Merkmale der Denotation (wer mit dem Namen gemeint ist) und der Konnotationen (über welche Eigenschaften derjenige verfügt) sind Fragen über die familiennamentlich benannte(n) Person(en) zu stellen, während hinsichtlich der Konnotationen darüber hinaus auch Auskünfte über den (die) Familiennamen eingeholt werden können. Stehen wie bei weiter zurückliegender Familiennamengeschichte keine Gewährspersonen zur Verfügung, dann müssen die Personengeschichte (Prosopographie) beziehungsweise die Familiengeschichte (Genealogie) herangezogen werden.

Um eine den jeweiligen vorliegenden Umständen angemessene Deutung der Familiennamen vornehmen zu können, sind die Personen beziehungsweise Familien in die relevante Orts- und Regionalgeschichte sowie in die größeren historischen, ökonomischen, politischen und kulturellen Gegebenheiten einzuordnen. Diese enge, unverzichtbare Verbindung von Wortstudium beziehungsweise Wortgeschichte (innere Familiennamengeschichte) und Sachstudium beziehungsweise Sachgeschichte (äußere Familiennamengeschichte) liegt dem bewährten Forschungsprinzip „Wörter und Sachen“ zugrunde, welches sich aus der Bezeichnungsfunktion der Sprache ergibt. Auf Familiennamen angewandt, kann man vom Forschungsprinzip „Familiennamen und Familienmitglieder“ sprechen. Die Beschäftigung mit der äußeren Geschichte der Familiennamen, die auch die Untersuchung der Verbreitung der mit gleichlautenden Familiennamen benannten Personen zu unterschiedlichen Zeiten beinhaltet (historische Familiennamengeographie), sich also neben Personen- beziehungsweise Familiengeschichte auch auf diese Weise um das Auffinden der „Heimat“ der Familiennamen bemüht, die Familiennamen somit „in ihre Landschaft“ (Namenlandschaft, Mundart) hineinstellt, liefert die Hintergründe und Belege für die innere Geschichte der Familiennamen. Um eine möglichst übersichtliche Anordnung der Verbreitungsdaten zu bekommen, fertigen wir Karten an. Entsprechend den gerade interessierenden Aspekten der inneren Familiennamengeschichte sind hinreichend umfängliche und aussagekräftige Belege als Materialbasis zusammenzutragen und quellenkritisch aufzubereiten. Zur Belegsammlung, das heißt zur Ermittlung von Fundstellen der untersuchten Familiennamen in historischen Dokumenten, durchforsten wir Quelleneditionen in Bibliotheken. Oftmals reicht die Qualität der Editionen für unsere Zwecke nicht aus und außerdem sind die meisten familiennamenkundlich relevanten Quellen bisher nicht ediert, so dass wir regelmäßig ins Archiv gehen, um die Belege direkt aus den Dokumenten zu exzerpieren. Der Umgang mit historischen Quellen erfordert nicht nur Kenntnisse der Paläographie, sondern auch des Lateinischen, historischer Sprachstufen des Deutschen und anderer Sprachen. Man kann die Wichtigkeit der Belege für die Familiennamenkunde kaum übertreiben, insbesondere dann nicht, wenn man die Nachvollziehbarkeit jeglicher Schlussfolgerungen als Kriterium von Wissenschaftlichkeit anerkennt. Wissenschaftliche Familiennamenkunde ist ohne Belege nicht möglich.

Gelegentlich werden von den Verfassern familiennamenkundlicher Publikationen, vor allem solcher von Familiennamenbüchern, diverse Gründe vorgebracht, warum keine Belege angeführt werden. Die gängigsten Gründe sind:

  • Der für die Belegapparate erforderliche Raum steht nicht im Verhältnis zu deren Nutzen
  • Familiennamenkunde ist keine Personen- oder Familiengeschichte

Verfasser, die Derartiges behaupten, dürften meistens wohl eher verbergen wollen oder sogar eingestehen, dass sie keine äußere Familiennamengeschichte betrieben beziehungsweise keine die Ergebnisse äußerer Familiennamengeschichte präsentierenden Vorarbeiten herangezogen haben.