Kreisstadt in Südthüringen Hellingen

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Historische Belege nach Überlieferungen von Y. Merkenelioglu

Der Ortsnamen hat mit dem Flussnamen Helling zu tun, der den Ort durchfließt. Allerdings war der Ortsname zuerst da.

Es ist ein schwieriger Ortsname, betont Y. Merkenelioglu. Das hat auch schon G. Jacob sehr deutlich ausgedrückt, wenn er schreibt: „Helidingi und Helidungenstehen im Nom. Plur., die übrigen auf ungom, ungin, ingun, ingon, ingan, ingim, ingin und ungun im Dat. Plur., die als Dativendnungen auch noch in ingum, ingun, ingon, ingan, ingim, ingin und ungun auslauten. Hellingen liegt an der Helling, einem Bach gleichen Namens. Der Bachname erschwert aber die Erklärung um so mehr, als urkundliche Namen desselben fehlen. Ist Helling der Bachname eine Abkürzung von Heliding, Helding und von den Nachkommen eines Helid entlehnt, oder ist er älter und hat Hellingen den Namen vom Bach Helling?“

Jacob entscheidet sich schließlich dafür, den Ortsnamen von dem Bachnamen herzuleiten. Das sieht man heute anders. Da der Gewässername nicht alt bezeugt ist, wird man dem Vorschlag von A. Greule folgen dürfen, der geschrieben hat: Der Gewässername ist eine „Rückbildung aus dem ON. Hellingen (ahd. Helidunga) über die Ellipse *Helling(er Bach).

Mit anderen Worten: Den Ortsnamen kann man wie folgt analysieren: Helith-ung-un. Die Endung -un ist eine Dativ Pluralform, eine typische Bildung von germanischen Ortsnamen. Sie bedeutet so viel wie „bei den Leuten des …“ oder „bei dieser Stelle, an der diese Auffälligkeit besteht“. Davor steht ursprünglich – die Belege zeigen das ganz deutlich – ein -ung-. Erst später setzt sich -ing- durch, so dass der Name heute Hellingen, nicht Hellungen heißt. Eine ähnliche Entwicklung kann man bei Schleusingen beobachten. Die Endung -ung(en) ist bekanntlich typisch für Thüringen, wir hatten schon mehrfach entsprechende Namen, in nenen hier nur Birkungen, Madelungen, Salzungen, Wasungen. Auch -ung-in Ortsnamen ist eigentlich eine Stellenbezeichung im Sinne von: „bei der Stelle, an der etwas bestimmtes auffällig ist“. Bei Hellingen aus *Helith-ung-un steckt die Stelle, um die es geht, in Halid-, das aus älterem Hal-ithi entwickelt wurde. Bisher sind vier weitere Ortsnamen bekannt, die genau so gebildet sind: Helle bei Wiedenbrück, alt Helethe; Helle bei Höxter, 1278 (Abschrift 13. Jh.) in Hellede; Helte bei Meppen, 10. Jh. (Abschrift 15. Jh.) Hallithi. Diese enthalten eine -ithi-Ableitung – häufig in thüringischen Ortsnamen. Beides zusammen bedeutet etwa „Stelle am Hang“.

Der Blick auf die Karte betätigt diese Deutung: Hellingen liegt zusammen mit dem Bach Helling eingeklemmt zwischen zwei Hügeln; der Höhenunterschied beträgt auf der einen Seite ca. 30 Meter, auf der andern über 40 Meter.

  • 783 Helidongom (Auszüge; Bd. 1, Heft 1, S. 5, Nr. 12)
  • 800 Helidemga (Auszüge; Bd. 1, Heft, S. 10, Nr. 20)
  • 800 in Helidungom (Dob. I; Nr. 66)
  • 837 Helidunga (Dob. I; Nr. 165)
  • 860 in Helidungom (Dob. I; Nr. 222)
  • 860 Helidongon (Auszüge; Bd. 1, Heft 1, S 38, Nr 115)
  • 874 Helidunga (Auszüge; Bd. 1, Heft 1, S 38, Nr. 115)
  • 1157 Heldungin (Dob. II; Nr. 131)
  • 1177 Helungen (Dob. II; Nr. 521)
  • um 1317 zu Heldungen (Mötsch, Teil A, Nr. 132)
  • um 1383 bis 1400 tzu Heldungin (Mötsch, Teil B, Nr. 89)

Literatur-Angaben:

Literatur-Angaben:
E. Förstemann, Altdeutsches Namenbuch, Bd. 2: Orts- und sonstige geographische Namen, l. Hälfte, Bonn 1913, Sp. 1335.

A. Greule, Vor- und frühgermanische Flußnamen am Ober¬rhein, Heidelberg 1973, S. 217.

G. Jacob, Die Ortsnamen des Herzogthums Meiningen, Nachdruck Meiningen 2004, S. 59.
Y. Merkenelioglu, Ortsnamen des Landkreises Hildburghausen auf der Grundlage gedruckter Überlieferung, Magisterarbeit Bayreuth 1997, S. 17, 46.

R. Sperber, Das Flußgebiet des Mains, Wiesbaden 1970 (= Hydronymia Germaniae A 7), S. 65.

J. Udolph, Die Ortsnamen Hall, Halle, Hallein, Hallstatt und das Salz, Bielefeld 2014, S. 50.

J. Udolph, Namenkundliche Studien zum Germanenproblem, Berlin – New York 1994, S. 156.

Termine und Vorträge

Am Freitag, dem 3. Mai 2024, um 18:00 Uhr ist Prof. Udolph in Kösnitz, Bad Sulza zu Gast und hält einen Vortrag zu Familiennamen.

Der Vortrag findet statt im Gemeindehaus Kösnitz.

Am Sonntag, dem 5.5.2024, referiert Prof. Udolph um 12 Uhr in Göttingen.

Namen sind Schall und Rauch – stimmt das?

Ort: noch unbekannt

Näheres demnächst hier:

https://www.uni-goettingen.de/de/613438.html

Radio-Sendungen

Antenne Brandenburg
Montag bis Samstag,
zwischen 10 und 11 Uhr

MDR 1 Radio Thüringen
Ihren Namen bitte! – Namenforscher Udolph erklärt ihn

Sendung jeweils von 11.00–12.00 Uhr.

  • Donnerstag, 2. Mai
  • Mittwoch, 8. Mai
  • Donnerstag, 16. Mai
  • Donnerstag, 23. Mai
  • Donnerstag, 30. Mai
  •  

MDR 1 Radio Sachsen
Namenkunde: Familiennamen und ihre Bedeutung
jeden Montag, 15.00–16.00 Uhr

SWR 1 Rheinland-Pfalz
Namenforscher | Was bedeutet mein Name?
Montag bis Freitag,
zwischen 9.00 Uhr und 12.00 Uhr

TV-Sendungen

RBB

Prof. Udolph ist am 2. Oktober 2023 in der Sendung schön + gut ab 18:30 Uhr zu sehen.

MDR

Professor Udolph ist am 23. Mai 2024 wieder im MDR Fernsehen bei MDR um Vier zu sehen.

Schritt 1 von 3

Geben Sie bitte Informationen für die wissenschaftliche Untersuchung an

Dr. Kristin Loga

  • 2003–2008 Studium der Germanistik, Afrikanistik und Onomastik an der Universität Leipzig
  • Abschlussarbeit: Die Ortsnamen des Landkreises Sangerhausen, Magisterarbeit, masch., Leipzig 2007.
  • 2012–2019 Dissertation über die Ortsnamen in den ehem. Landkreisen Quedlinburg und Sangerhausen, Sachsen-Anhalt
  • 12.11.2020 erfolgreiche Verteidigung der Dissertation an der Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg

Veröffentlichungen (Auswahl):

  • „Über Namen gibt’s immer was zu sagen.“ Festschrift für Jürgen Udolph zum 80. Geburtstag, hg. zus. mit Joachim Andraschke, Bamberg und Schwanewede 2023. (zu bestellen direkt bei uns im Namenzentrum)
  • „Ortsnamen im Ostharz: Eine onomastische Untersuchung der Namen rezenter und wüst gefallener Siedlungen der ehemaligen Landkreise Sangerhausen und Quedlinburg“, Dissertation Halle 2020, kostenfrei zugänglich unter https://opendata.uni-halle.de/handle/1981185920/92661
  • Der Ortsname Questenberg. In: Das Questenfest. Forschung und Festkultur. Tagungsband der Tagung von 11.–13. Oktober 2019 in Questenberg und Roßla. Schriftenreihe des Biosphärenreservats Karstlandschaft Südharz 2020, S. 156–164.
  • (Zus. mit Christian Zschieschang) Namenkunde in und über Sachsen-Anhalt: Stand, Neues und Fehlendes. In: Sachsen und Anhalt. Jahrbuch der Historischen Kommission für Sachsen-Anhalt 31 (2019), S. 231–246.
  • Die Mischnamen des Hersfelder Zehntgebietes. In: Mehrsprachige Sprachlandschaften? Das Problem der slavisch-deutschen Mischtoponyme. Akten der Kieler Tagung 16.–18. Oktober 2014. Hrsg. v. Kathrin Marterior und Norbert Nübler (Onomastica Lipsiensia. Leipziger Untersuchungen zur Namenforschung 11). Leipzig 2016, S. 131–156.
  • Viertel- und Straßennamen der Stadt Bremen. In: Die Stadt und ihre Namen. 2. Teilband. Hg. v. Dieter Kremer und Dietlind Kremer (Onomastica Lipsiensia. Leipziger Untersuchungen zur Namenforschung 9). Leipzig 2013, S. 195–214.
  • Kurzer Überblick über die Siedlungsnamen im Kreis Sangerhausen. In: Namenkundliche Informationen 98 (2010), S. 121–133

Äußere Familiennamengeschichte

Menschen (Textproduzenten, Textrezipienten, Familiennamenbenutzer) kommunizieren mittels Texten, die Familiennamen enthalten, über sich selbst und über andere Menschen. Will man eine über die Geschichte der Wortlaute der Familiennamen hinausgehende, die Semantik (Bedeutung) berücksichtigende Familiennamengeschichte betreiben, muss man sich der Geschichte der Personen, über die Informationen in den Gehirnen der Familiennamenbenutzer abgespeichert sind, widmen. Da sich die Bedeutungen der Familiennamen wie die der anderen Wörter in den Gehirnen der Familiennamenbenutzer befinden, ist die Familiennamensemantik generell zu rekonstruieren. Im Falle rezenter Familiennamengeschichte kommen als Gewährspersonen dienende Familiennamenbenutzer in Betracht, die bestenfalls annähernd genaue Angaben für die Rekonstruktion der Semantik zur betreffenden Zeit machen können. Zur Ermittlung relevanter Merkmale der Denotation (wer mit dem Namen gemeint ist) und der Konnotationen (über welche Eigenschaften derjenige verfügt) sind Fragen über die familiennamentlich benannte(n) Person(en) zu stellen, während hinsichtlich der Konnotationen darüber hinaus auch Auskünfte über den (die) Familiennamen eingeholt werden können. Stehen wie bei weiter zurückliegender Familiennamengeschichte keine Gewährspersonen zur Verfügung, dann müssen die Personengeschichte (Prosopographie) beziehungsweise die Familiengeschichte (Genealogie) herangezogen werden.

Um eine den jeweiligen vorliegenden Umständen angemessene Deutung der Familiennamen vornehmen zu können, sind die Personen beziehungsweise Familien in die relevante Orts- und Regionalgeschichte sowie in die größeren historischen, ökonomischen, politischen und kulturellen Gegebenheiten einzuordnen. Diese enge, unverzichtbare Verbindung von Wortstudium beziehungsweise Wortgeschichte (innere Familiennamengeschichte) und Sachstudium beziehungsweise Sachgeschichte (äußere Familiennamengeschichte) liegt dem bewährten Forschungsprinzip „Wörter und Sachen“ zugrunde, welches sich aus der Bezeichnungsfunktion der Sprache ergibt. Auf Familiennamen angewandt, kann man vom Forschungsprinzip „Familiennamen und Familienmitglieder“ sprechen. Die Beschäftigung mit der äußeren Geschichte der Familiennamen, die auch die Untersuchung der Verbreitung der mit gleichlautenden Familiennamen benannten Personen zu unterschiedlichen Zeiten beinhaltet (historische Familiennamengeographie), sich also neben Personen- beziehungsweise Familiengeschichte auch auf diese Weise um das Auffinden der „Heimat“ der Familiennamen bemüht, die Familiennamen somit „in ihre Landschaft“ (Namenlandschaft, Mundart) hineinstellt, liefert die Hintergründe und Belege für die innere Geschichte der Familiennamen. Um eine möglichst übersichtliche Anordnung der Verbreitungsdaten zu bekommen, fertigen wir Karten an. Entsprechend den gerade interessierenden Aspekten der inneren Familiennamengeschichte sind hinreichend umfängliche und aussagekräftige Belege als Materialbasis zusammenzutragen und quellenkritisch aufzubereiten. Zur Belegsammlung, das heißt zur Ermittlung von Fundstellen der untersuchten Familiennamen in historischen Dokumenten, durchforsten wir Quelleneditionen in Bibliotheken. Oftmals reicht die Qualität der Editionen für unsere Zwecke nicht aus und außerdem sind die meisten familiennamenkundlich relevanten Quellen bisher nicht ediert, so dass wir regelmäßig ins Archiv gehen, um die Belege direkt aus den Dokumenten zu exzerpieren. Der Umgang mit historischen Quellen erfordert nicht nur Kenntnisse der Paläographie, sondern auch des Lateinischen, historischer Sprachstufen des Deutschen und anderer Sprachen. Man kann die Wichtigkeit der Belege für die Familiennamenkunde kaum übertreiben, insbesondere dann nicht, wenn man die Nachvollziehbarkeit jeglicher Schlussfolgerungen als Kriterium von Wissenschaftlichkeit anerkennt. Wissenschaftliche Familiennamenkunde ist ohne Belege nicht möglich.

Gelegentlich werden von den Verfassern familiennamenkundlicher Publikationen, vor allem solcher von Familiennamenbüchern, diverse Gründe vorgebracht, warum keine Belege angeführt werden. Die gängigsten Gründe sind:

  • Der für die Belegapparate erforderliche Raum steht nicht im Verhältnis zu deren Nutzen
  • Familiennamenkunde ist keine Personen- oder Familiengeschichte

Verfasser, die Derartiges behaupten, dürften meistens wohl eher verbergen wollen oder sogar eingestehen, dass sie keine äußere Familiennamengeschichte betrieben beziehungsweise keine die Ergebnisse äußerer Familiennamengeschichte präsentierenden Vorarbeiten herangezogen haben.