Kreisfreie Stadt Gera

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Historische Belege:

Schon lange ist man sich einig, dass die Basis „Ger-“ etwas mit dem Wasser zu tun haben muss.

verwandt mit althochdeutsch jesan ‚gären, schäumen‘, mittelhochdeutsch geren. Der Wechsel zwischen -s- und -r- geht auf eine alte Abwandlung in den germanischen Sprachen zurück (sogenanntes Vernersches Gesetz). Diese Deutung hat den Vorzug, dass zum einen die Gewässernamen Gera, Ger ach, Geraha sinnvoll erklärt werden können („schäumend, sprudelnd“)

„schäumender, sprudelnder Fluss“

  • 955 terminus Gera (bezieht sich auf die Landschaft Gera)
  • 999 provincia Gera (bezieht sich auf die Landschaft Gera)
  • 1121 in pago Ger aha (bezieht sich auf die Landschaft Gera)
  • 1184-1203 in provincia Gherensi
  • 1204 Tuto de Gera
  • 1225 in Gera
  • 1290 Gera usw. (kaum verändert bis heute: Gera)
  • 1342 Gera hus und stat
  • 1350 dominus de Gera

Die Forschung ist sich einig, dass der Ortsname Gera auf einem Gewässernamen beruht. In diesem Fall dürfte es ein sogenannter Teilabschnittsname der Weißen Elster sein. Mit anderen Worten: ein Abschnitt des Flusses wurde in der Umgebung von Gera „Gera“ genannt. Dabei zeigen die alten Belege, dass es zunächst der Name einer Landschaft, eines größeren Bezirks war. Von dort aus wurde dieser Name dann auf den Ort übertragen. Die Forschung ist sich bisher über den Ursprung des Namens allerdings nicht einig. Vorgeschlagen wurde:

  • Germanisch *Geraha, gebildet mit -aha „Wasser, Fluss“ zu *gera „Wasserschall o.ä.“, zu vergleichen mit deutsch gerren, girren, garren, gurren, und somit etwa als „die Rauschende, Gurgelnde“ zu verstehen.
  • Zu indogermanisch *gher- „hart worüber streichen, reiben; Geröll, Kies, Kiesel“.
  • Zu indogermanisch *gher- „hervorstechen von Pflanzen, Borsten, Erderhebungen, Kanten usw.“
  • Zu althochdeutsch gero, mittelhochdeutsch gere „Stück Land, das in eine Spitze ausläuft“.
  • Zu german. ger „Speer“ im Sinn von „Fluss, an dem Bäume wachsen, aus denen man Wurfspieße macht“.

So schreibt schon A. Wemeburg 1884: „Ger- kommt so häufig in Fluss- und Bachnamen vor …, dass die Vermutung nahe tritt, das Wort habe eine auf Eigenschaften des Wassers bezügliche Bedeutung“ und ähnlich H. Jellinghaus 1913 knapp, aber deutlich: „Ger. In Flussnamen“. Wenn man den Ortsnamen Gera in Ostthüringen behandelt, kann man nicht an anderen Orts- und Gewässernamen vorbei gehen, die ähnlich sind. Zu nennen sind etwa:

  • Gera, Zufluss zur Unstrut, durchfließt auch Erfurt 1108 Gerahe, 1133 Geraham, 1166 super flumen Ger am, 1347 Ger am; dazu auch der Ortsname Geraberg, früher Gera genannt: (1147-1149) Gehra, 1222 Geraha, 1225 Gera, Geraha, 1246 Gera, 1351 Gera, um 1450 Gere, 1506 Gera (E. Ulbricht, S. 185; R. Fischer, S. 32).
  • Groß-Gerau, Klein-Gerau in Südhessen 910 (Fälschung, Kopie) Geraha marca, 1108 Gerahe, 1133 Geraham, 1166 super flumen Ger am, 1246 villa Weneghgerahe, 1277 Gerhahe
  • Gerach, Nebenfluss des Neckar, mit Ortsname Neckargerach Flussname: 1447 an die bach genant die Gerach; Ortsname: 976 Geraha, 1278 de Gerach, 1439 zw Ger ach
  • Gjern Ä, Flussname in Jütland Davon abgeleitet: Ortsname Gjern herred, 1231 Gicerncehcered, 1326 Gierenherret, wahrscheinlich zurückzufuhren auf einen Ansatz *Gercendce und mit Gera, Gerach usw. zu verbinden (die Einzelheiten stehen bei G. Kvaran Yngvason).

Überzeugender als alle oben genannten Versuche ist ein Vorschlag von H. Tischner, der an deutsch „gären“ denkt. Dieses Wort ist

und zum anderen eine Verbindung zu zahlreichen anderen Orts- und vor allem Gewässernamen – auch in Thüringen – hergestellt werden können:

  • (Niedern-, Obernjesa, Jeetzel), Jesuborn (s. auch dort), Giesau (Zufluss der Lichte), Giesen bei Hildesheim, Geestbeck bei Mölln, Jessen an der Schwarzen Elstern u.a.m. Für Gera in Ostthüringen bedeutet das: der ursprüngliche Landschaftsname (und spätere Ortsname) geht auf den Namen eines Flussabschnitts der Weißen Elster zurück, der aus *Gera oder *Ger-aha zu erklären ist, mit gären bzw. jesan „gären, schäumen“ verbunden werden kann und als

zu verstehen ist.

Literatur-Angaben:

Literatur-Angabe
* D. Berger, Duden: Geographische Namen in Deutschland, Mannheim usw. 1993, S. III.
* R. Fischer, Ortsnamen der Kreise Arnstadt und Ilmenau, Halle (Saale) 1956, S. 32f.
* E. Förstemann, Altdeutsches Namenbuch, Bd. 2: Orts- und sonstige geographische Namen, 1. Hälfte, Bonn 1913, Sp. 1036.
* A. Greule, Deutsches Gewässemamenbuch, Berlin/Boston 2014, S. 172.
* K. Hengst, Die Namen der Städte in Ostthüringen im sprachgeschichtlichen Überblick; in: H.-J. Beier ((Hrsg.), Auf dem Wege zur mittelalterlichen Stadt in Thüringen, Langenweissbach 2014, S. 88f.
* K. Hengst, in: Deutsches Ortsnamenbuch, hrsg. von M. Niemeyer, Berlin-Boston 2012, S. 203f.
* H. Krähe, Fluss- (und Orts-)namen auf -mana/-mina, in: Beiträge zur Namenforschung 8 (1957), S. 15ff.
* G. Kvaran Yngvason, Untersuchungen zu den Gewässernamen in Jütland und Schleswig-Holstein, Göttingen 1981, S. 7-9.
* H. Rosenkranz, Ortsnamen des Bezirkes Gera, Greiz 1982, S. 15.
* A. Schmid, Die ältesten Namenschichten im Stromgebiet des Neckar, in: Beiträge zur Namenforschung 12, 1961, S. 225-227.
* H. Tischner, Vortrag über südhessische Ortsnamen (2012 in Leeheim)
* E. Ulbricht, Das Flußgebiet der Thüringischen Saale, Halle 1957, S. 185.
* H. Walther, Namenkundliche Beiträge zur Siedlungsgeschichte des Saale- und
Mittelelbegebietes bis zum Ende des 9. Jahrhunderts, Berlin 1971, S. 226.
* A. Wemeburg, Die Namen der Ortschaften und Wüstungen Thüringens, Nachdruck Köln-Wien 1983, S. 8f.

Termine und Vorträge

Am Freitag, dem 3. Mai 2024, um 18:00 Uhr ist Prof. Udolph in Kösnitz, Bad Sulza zu Gast und hält einen Vortrag zu Familiennamen.

Der Vortrag findet statt im Gemeindehaus Kösnitz.

Am Sonntag, dem 5.5.2024, referiert Prof. Udolph um 12 Uhr in Göttingen.

Namen sind Schall und Rauch – stimmt das?

Ort: noch unbekannt

Näheres demnächst hier:

https://www.uni-goettingen.de/de/613438.html

Radio-Sendungen

Antenne Brandenburg
Montag bis Samstag,
zwischen 10 und 11 Uhr

MDR 1 Radio Thüringen
Ihren Namen bitte! – Namenforscher Udolph erklärt ihn

Sendung jeweils von 11.00–12.00 Uhr.

  • Donnerstag, 2. Mai
  • Mittwoch, 8. Mai
  • Donnerstag, 16. Mai
  • Donnerstag, 23. Mai
  • Donnerstag, 30. Mai
  •  

MDR 1 Radio Sachsen
Namenkunde: Familiennamen und ihre Bedeutung
jeden Montag, 15.00–16.00 Uhr

SWR 1 Rheinland-Pfalz
Namenforscher | Was bedeutet mein Name?
Montag bis Freitag,
zwischen 9.00 Uhr und 12.00 Uhr

TV-Sendungen

RBB

Prof. Udolph ist am 2. Oktober 2023 in der Sendung schön + gut ab 18:30 Uhr zu sehen.

MDR

Professor Udolph ist am 23. Mai 2024 wieder im MDR Fernsehen bei MDR um Vier zu sehen.

Schritt 1 von 3

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Dr. Kristin Loga

  • 2003–2008 Studium der Germanistik, Afrikanistik und Onomastik an der Universität Leipzig
  • Abschlussarbeit: Die Ortsnamen des Landkreises Sangerhausen, Magisterarbeit, masch., Leipzig 2007.
  • 2012–2019 Dissertation über die Ortsnamen in den ehem. Landkreisen Quedlinburg und Sangerhausen, Sachsen-Anhalt
  • 12.11.2020 erfolgreiche Verteidigung der Dissertation an der Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg

Veröffentlichungen (Auswahl):

  • „Über Namen gibt’s immer was zu sagen.“ Festschrift für Jürgen Udolph zum 80. Geburtstag, hg. zus. mit Joachim Andraschke, Bamberg und Schwanewede 2023. (zu bestellen direkt bei uns im Namenzentrum)
  • „Ortsnamen im Ostharz: Eine onomastische Untersuchung der Namen rezenter und wüst gefallener Siedlungen der ehemaligen Landkreise Sangerhausen und Quedlinburg“, Dissertation Halle 2020, kostenfrei zugänglich unter https://opendata.uni-halle.de/handle/1981185920/92661
  • Der Ortsname Questenberg. In: Das Questenfest. Forschung und Festkultur. Tagungsband der Tagung von 11.–13. Oktober 2019 in Questenberg und Roßla. Schriftenreihe des Biosphärenreservats Karstlandschaft Südharz 2020, S. 156–164.
  • (Zus. mit Christian Zschieschang) Namenkunde in und über Sachsen-Anhalt: Stand, Neues und Fehlendes. In: Sachsen und Anhalt. Jahrbuch der Historischen Kommission für Sachsen-Anhalt 31 (2019), S. 231–246.
  • Die Mischnamen des Hersfelder Zehntgebietes. In: Mehrsprachige Sprachlandschaften? Das Problem der slavisch-deutschen Mischtoponyme. Akten der Kieler Tagung 16.–18. Oktober 2014. Hrsg. v. Kathrin Marterior und Norbert Nübler (Onomastica Lipsiensia. Leipziger Untersuchungen zur Namenforschung 11). Leipzig 2016, S. 131–156.
  • Viertel- und Straßennamen der Stadt Bremen. In: Die Stadt und ihre Namen. 2. Teilband. Hg. v. Dieter Kremer und Dietlind Kremer (Onomastica Lipsiensia. Leipziger Untersuchungen zur Namenforschung 9). Leipzig 2013, S. 195–214.
  • Kurzer Überblick über die Siedlungsnamen im Kreis Sangerhausen. In: Namenkundliche Informationen 98 (2010), S. 121–133

Äußere Familiennamengeschichte

Menschen (Textproduzenten, Textrezipienten, Familiennamenbenutzer) kommunizieren mittels Texten, die Familiennamen enthalten, über sich selbst und über andere Menschen. Will man eine über die Geschichte der Wortlaute der Familiennamen hinausgehende, die Semantik (Bedeutung) berücksichtigende Familiennamengeschichte betreiben, muss man sich der Geschichte der Personen, über die Informationen in den Gehirnen der Familiennamenbenutzer abgespeichert sind, widmen. Da sich die Bedeutungen der Familiennamen wie die der anderen Wörter in den Gehirnen der Familiennamenbenutzer befinden, ist die Familiennamensemantik generell zu rekonstruieren. Im Falle rezenter Familiennamengeschichte kommen als Gewährspersonen dienende Familiennamenbenutzer in Betracht, die bestenfalls annähernd genaue Angaben für die Rekonstruktion der Semantik zur betreffenden Zeit machen können. Zur Ermittlung relevanter Merkmale der Denotation (wer mit dem Namen gemeint ist) und der Konnotationen (über welche Eigenschaften derjenige verfügt) sind Fragen über die familiennamentlich benannte(n) Person(en) zu stellen, während hinsichtlich der Konnotationen darüber hinaus auch Auskünfte über den (die) Familiennamen eingeholt werden können. Stehen wie bei weiter zurückliegender Familiennamengeschichte keine Gewährspersonen zur Verfügung, dann müssen die Personengeschichte (Prosopographie) beziehungsweise die Familiengeschichte (Genealogie) herangezogen werden.

Um eine den jeweiligen vorliegenden Umständen angemessene Deutung der Familiennamen vornehmen zu können, sind die Personen beziehungsweise Familien in die relevante Orts- und Regionalgeschichte sowie in die größeren historischen, ökonomischen, politischen und kulturellen Gegebenheiten einzuordnen. Diese enge, unverzichtbare Verbindung von Wortstudium beziehungsweise Wortgeschichte (innere Familiennamengeschichte) und Sachstudium beziehungsweise Sachgeschichte (äußere Familiennamengeschichte) liegt dem bewährten Forschungsprinzip „Wörter und Sachen“ zugrunde, welches sich aus der Bezeichnungsfunktion der Sprache ergibt. Auf Familiennamen angewandt, kann man vom Forschungsprinzip „Familiennamen und Familienmitglieder“ sprechen. Die Beschäftigung mit der äußeren Geschichte der Familiennamen, die auch die Untersuchung der Verbreitung der mit gleichlautenden Familiennamen benannten Personen zu unterschiedlichen Zeiten beinhaltet (historische Familiennamengeographie), sich also neben Personen- beziehungsweise Familiengeschichte auch auf diese Weise um das Auffinden der „Heimat“ der Familiennamen bemüht, die Familiennamen somit „in ihre Landschaft“ (Namenlandschaft, Mundart) hineinstellt, liefert die Hintergründe und Belege für die innere Geschichte der Familiennamen. Um eine möglichst übersichtliche Anordnung der Verbreitungsdaten zu bekommen, fertigen wir Karten an. Entsprechend den gerade interessierenden Aspekten der inneren Familiennamengeschichte sind hinreichend umfängliche und aussagekräftige Belege als Materialbasis zusammenzutragen und quellenkritisch aufzubereiten. Zur Belegsammlung, das heißt zur Ermittlung von Fundstellen der untersuchten Familiennamen in historischen Dokumenten, durchforsten wir Quelleneditionen in Bibliotheken. Oftmals reicht die Qualität der Editionen für unsere Zwecke nicht aus und außerdem sind die meisten familiennamenkundlich relevanten Quellen bisher nicht ediert, so dass wir regelmäßig ins Archiv gehen, um die Belege direkt aus den Dokumenten zu exzerpieren. Der Umgang mit historischen Quellen erfordert nicht nur Kenntnisse der Paläographie, sondern auch des Lateinischen, historischer Sprachstufen des Deutschen und anderer Sprachen. Man kann die Wichtigkeit der Belege für die Familiennamenkunde kaum übertreiben, insbesondere dann nicht, wenn man die Nachvollziehbarkeit jeglicher Schlussfolgerungen als Kriterium von Wissenschaftlichkeit anerkennt. Wissenschaftliche Familiennamenkunde ist ohne Belege nicht möglich.

Gelegentlich werden von den Verfassern familiennamenkundlicher Publikationen, vor allem solcher von Familiennamenbüchern, diverse Gründe vorgebracht, warum keine Belege angeführt werden. Die gängigsten Gründe sind:

  • Der für die Belegapparate erforderliche Raum steht nicht im Verhältnis zu deren Nutzen
  • Familiennamenkunde ist keine Personen- oder Familiengeschichte

Verfasser, die Derartiges behaupten, dürften meistens wohl eher verbergen wollen oder sogar eingestehen, dass sie keine äußere Familiennamengeschichte betrieben beziehungsweise keine die Ergebnisse äußerer Familiennamengeschichte präsentierenden Vorarbeiten herangezogen haben.